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Kasse und Arzt – Kassenführung in der Arztpraxis bei Bareinnahmen

Zusammenfassung:

Auf eine formelle Kassenführung kann möglicherweise bei geringen Barumsätzen verzichtet werden. Bei umfangreichen Barumsätzen ist aus Sicherheitsgründen zur Vermeidung von Nachteilen bei einer eventuellen Betriebsprüfung ein formelles Kassenbuch angeraten.

Grundsätzliche Empfehlungen:

  • Erfassen Sie die Bareinnahmen und Kassenstände täglich
  • Erfassen Sie die Beträge mit Patientennamen und Leistung
  • Führen Sie eine handschriftliche Kasse nach offiziellem Standard oder nutzen Sie ein EDV-System, das GoBD zertifiziert ist
  • Excel ist unzulässig
  • Vermindern Sie die Barumsätze und arbeiten Sie mit Banküberweisungen bzw. EC-Geräten

 

Wie Sie sicher der Presse entnommen haben, hat der Fiskus der „Steuerhinterziehung an der Kasse“ den Kampf angesagt. Sie müssen damit rechnen, dass bei Betriebsprüfungen ein Fokus auf die Bareinnahmen gelegt wird. Die Erwartungen der Finanzverwaltung an die formelle Ausgestaltung der Kassenführung sind sehr hoch. Unseres Erachtens sind die Voraussetzungen in Ihrer ganzen Breite fast unerfüllbar. Diese Voraussetzungen ergeben sich aus der hier beigefügten Abhandlung. Wir möchten hier die wichtigsten Fallgruppen zusammenfassen:

Arzt erstellt eine Einnahmenüberschussrechnung – EÜR (Regel)

In der steuerlichen Literatur und Rechtsprechung ist strittig, ob ein Arzt bzw. Zahnarzt mit einer EÜR eine formelle Kasse führen muss. Der Bundesfinanzhof hat zwar in einer Entscheidung (BFH/NV 06, 940) entschieden, dass bei Erstellung einer Einnahmenüberschussrechnung keine Kasse zu führen sei. Es handelt sich bei diesem Urteil jedoch um ein sog. NV-Urteil (nicht veröffentlicht). Das bedeutet, dass das Finanzamt an dieses Urteil nicht gebunden ist.

Einzelne Finanzgerichte befürworten die Pflicht zur Kassenführung (z. B. FG Berlin-Bdb. 26.7.2007).

Folgt man der Pflicht zur Kassenführung ergeben sich für Sie folgende Möglichkeiten:

  • Sie führen eine Kasse handschriftlich mit einem Kassenbuch nach offiziellem Standard aus dem Schreibwarenhandel (z. B. Avery Zweckform 426 Kassenbuch oder Herlitz 882415 Kassenabrechnungsbuch 502)
  • Registrierkasse anschaffen (GoBD – konform)
  • Nutzen Sie Ihre vorhandene Praxissoftware (bitte lassen sich die GoBD – Fähigkeit der Kasse vom Softwarehersteller bestätigen)

Bei Praxen mit Barumsätzen von Gewicht empfiehlt sich die Führung einer Kasse, die alle formellen Voraussetzungen erfüllt.

Folgt man der Meinung, dass eine Kassenführung nicht notwendig ist, sollte die Aufzeichnung der Einnahmen in einer Einnahmenliste und der Ausgaben in einer Ausgabenliste ausreichend sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie darauf verzichten können, ihre Bareinnahmen täglich vollständig aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungspflicht gilt immer. Entsprechende Muster finden Sie hier: Einnahmenliste, Ausgabenliste.

Auf die Kassenführung kann möglicherweise bei Praxen mit geringen Barumsätzen verzichtet werden. Stattdessen werden nur die Einnahmenliste und die Ausgabenliste handschriftlich geführt. Soll jedoch das Risiko von Steuernachzahlungen im Falle einer Betriebsprüfung ausgeschlossen werden, empfiehlt sich die Führung einer formal korrekten Kasse.

 

Arzt erstellt eine Bilanz (Ausnahme)

Soweit wir als Steuerberater für Sie eine Bilanz erstellen, ist die Führung einer Kasse unerlässlich. Dafür gibt es im Wesentlichen drei Möglichkeiten:

  • Sie führen eine Kasse handschriftlich mit einem Kassenbuch nach offiziellem Standard aus dem Schreibwarenhandel (z. B. Avery Zweckform 426 Kassenbuch oder Herlitz 882415 Kassenabrechnungsbuch 502)
  • Registrierkasse anschaffen (GoBD-Konform)
  • Nutzen Sie Ihre vorhandene Praxissoftware (bitte lassen sich die GoBD – Fähigkeit der Kasse vom Softwarehersteller bestätigen)

 

Ergänzende Hinweise

Freiwilliges Kassenbuch: Wenn Sie sich für das freiwillige Führen eines Kassenbuches entscheiden, unterliegen Sie damit den strengen Regeln wie bei einem pflichtgemäßen Kassenbuch.

 

Oft wird im Zusammenhang mit der Kassenführung von Vereinfachungen gesprochen. Eine dieser Vereinfachungen ist die offene Ladenkasse. Wir halten die sog. offene Ladenkasse (sog. „Kalte-Hände-Regelung“) bei Ärzten und Zahnärzten für unzulässig. Zum einen ist die Regelung nur für die Lieferung von Waren zulässig. Zum anderen dürfte es sich regelmäßig nicht um Umsätze von geringem Wert (kleiner 10 EUR) handeln.

 

Die obige Zusammenstellung stellen wir Ihnen kostenlos jedoch ohne rechtliche Gewähr zur Verfügung. Sie ist nicht dazu bestimmt, Dritten als Entscheidungsgrundlage zu dienen. Dritten gegenüber übernehmen wir keinerlei Verpflichtungen, Verantwortung oder Sorgfaltspflichten (keine Dritthaftung), es sei denn, wir haben einem Dritten gegenüber im Vorhinein schriftlich etwas Abweichendes bestätigt. Zum Teil besteht für den behandelten Komplex noch keine gefestigte Rechtsprechung bzw. Verwaltungsauffassung. Bitte lassen Sie sich im Einzelfall von uns beraten.

Registrierkassen: Ab 2017 gelten verschärfte Regeln

In bargeldintensiven Betrieben liegt der Fokus der steuerlichen Betriebsprüfung häufig auf der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung. Unregelmäßigkeiten in diesem Bereich führen hier oft zu kräftigen Hinzuschätzungen durch das Finanzamt.

Bereits im Jahr 2010 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) in der „neuen Kassenrichtlinie“ seine erhöhten Anforderungen an die Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften dargelegt. Demnach muss ein Kassensystem unter anderem alle Buchungsdaten im Detail sowie weitere Daten elektronisch und unveränderbar aufzeichnen und mindestens zehn Jahre archivieren, wobei die Archivierung auch auf einem nachgeschalteten System erfolgen kann. Im Fall einer Betriebsprüfung müssen die Daten dem Prüfer elektronisch in einem auswertbaren Format zur Verfügung gestellt werden können.

Damit Betriebe ihre alten Kassensysteme (ohne geforderte Speicherungsmöglichkeit) nicht zwangsläufig sofort austauschen mussten, hatte das BMF damals folgende Übergangsfrist formuliert: Unternehmer durften ihre alten Kassen demnach noch bis zum 31.12.2016 weiterhin einsetzen, sofern

  • sie technisch mögliche Softwareanpassungen und Speichererweiterungen mit dem Zieldurchgeführt hatten, die erhöhten Anforderungen an die Datenaufbewahrung zu erfüllen, oder
  • sich die Kasse bauartbedingt nicht aufrüsten ließ.

Hinweis: Spätestens zum 31.12.2016 entsteht also auch bei Ihnen Handlungsbedarf, wenn Sie noch immer ein altes elektronisches Kassensystem einsetzen, das die erhöhten Anforderungen nicht erfüllt. Derartige Kassen müssen entweder ausgetauscht oder auf den geforderten technischen Stand gebracht werden. Ignorieren Sie die neuen Regeln und setzen Sie Ihr altes Kassensystem weiterhin für die steuerliche Einnahmenermittlung ein, besteht die Gefahr, dass das Finanzamt Ihre Buchhaltung später nicht anerkennt und Steuernachzahlungen einfordert.